Klinische und diagnostische Befunde bei Exposition gegenüber Nanopartikeln und neuen Materialien

Innovative Technologien bedürfen einer adäquaten arbeitsmedizinischen Risikobewertung mit Ableitung geeigneter Arbeitsschutzmaßnahmen. Dies ist auch für die Nanotechnologie zu fordern. Basierend auf einer überwiegend langjährigen beruflichen Exposition gegenüber gezielt synthetisierten Nanomaterialien mit Primärpartikelgrößen zwischen <10 und 100 nm erfolgte die Konzeption eines vielschichtigen diagnostischen Programms, welches individuelle Faktoren und potentielle Wirkprinzipien von Nanomaterialien berücksichtigt, und einem Kollektiv von 10 Personen angeboten wurde. Eine Partikelmessung am Arbeitsplatz ergab zum jetzigen Zeitpunkt bei verschiedensten Tätigkeiten keine hohen Spitzenkonzentrationen. Eine Ausnahme stellte die Spritzlackierung mit Nanolacken dar, bei der Konzentrations-Maxima bis 140.000 pt/cm³ dokumentiert werden konnten, der Anwender allerdings durch Einsatz eines effektiven Atemschutzes nicht belastet war. Relevante Inhalationsmöglichkeiten bestanden anamnestisch vor allem in den vergangenen Jahren, zurückzuführen auf im Entwicklungsprozess befindliche Herstellungs- und Verarbeitungsverfahren. An relevanten diagnostischen Befunden fand sich zum einen eine obstruktive Ventilationsstörung bei der Hälfte des Kollektivs, ferner bei 3 Personen ein computertomographisch bestätigtes Lungenemphysem. Zum anderen zeigte die Hälfte der Kleingruppe im LTT eine positive Reaktion auf Zirkonium, ein Metall, welches in Form des nanopartikulären ZrO2eine zentrale Stellung innerhalb des hier dargestellten speziellen Expositionsspektrums einnimmt. Bei einer Person mit allergischer Rhinopathie (und ohne atopische Diathese) konnte neben der LTT-Reaktion im Prick-Test eine positive Reaktion auf Zirkonium chlorid dokumentiert werden. Trotz aufwändiger und kostenintensiver Methodik lieferte die Analyse zahlreicher Biomarker im Atemexhalat keine sicheren und mit anderen Befunden der Diagnostik eindeutig korrelierenden Hinweise auf frühe entzündliche Veränderungen im Bereich des Respirationstraktes - dem primären Zielorgan potentiell adverser Effekte von Nanopartikeln. Neben einer notwendigen messtechnischen Erfassung von Nanopartikeln am Arbeitsplatz zur Beurteilung einer Gefährdung und Bewertung bzw. Optimierung von Schutzmaßnahmen sollten im Rahmen einer betriebsärztlichen Betreuung potentielle Effekte am Respirationstrakt und kardiovaskulären System sowie die Auslösung von Allergien mitberücksichtigt werden.